Fernbeziehung – So können Paare es meistern
Liebe über viele Kilometer ist für beide Parteien der Beziehung nicht einfach. Doch wie lässt sich eine Fernbeziehung erfolgreich meistern? Was sind die Geheimnisse?
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellte fest, dass etwa 13,4 % der Paare in Deutschland eine Fernbeziehung führen. Fernbeziehungen können sehr unterschiedlich aussehen.
Klassische Fernbeziehungen gehen Piloten, Seeleute, Fernfahrer, Monteure, Reisebegleiter und ähnliche Berufsgruppen ein.
In der heutigen Zeit, wo Unternehmen auch örtliche Flexibilität erwarten, führen aber auch berufliche Anforderungen anderer Tätigkeiten zu einer Fernbeziehung. Fernbeziehungen von längerer Dauer und mit weiten Entfernungen der Wohnorte können Paare auf eine harte Probe stellen.
Probleme bei einer Fernbeziehung
Es gibt unterschiedliche Arten von Fernbeziehungen. Bei einigen solcher Beziehungen wissen beide Partner von Anfang an, auf was sie sich einlassen. Andere Paare führen sozusagen „aus heiterem Himmel“ plötzlich eine Fernbeziehung, auf die sie nicht vorbereitet sind. Bei einer Wochenendbeziehung gibt es das regelmäßige Wiedersehen am Wochenende, bei weiten Entfernungen sehen sich Paare oft über Wochen und länger nicht. Manche Fernbeziehung ist vorübergehend auf die erste Zeit der Partnerschaft, des Kennenlernens beschränkt. Hier ziehen später beide Partner zusammen.
Fernbeziehungen von langer Dauer bergen eine Reihe von Problemen:
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Es kann kein, oder nur zeitweilig, gemeinsamer Alltag gelebt werden.
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Die Wochenendbeziehung zeigt entweder das nette „Sonntagsgesicht“ oder den erschöpften Partner.
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Sexualität und körperliche Nähe werden auf festgelegte Zeiten beschränkt.
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Die Fernbeziehung kann die Partnertreue gefährden.
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In der Fernbeziehung entwickeln beide unterschiedliche Lebensgewohnheiten, die vielleicht schwer vereinbar sind.
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Zu Beginn einer Liebe schränkt die Fernbeziehung das gründliche Kennenlernen des anderen ein.
Das Problem der Unvollständigkeit
Auch wenn Paare häufig miteinander telefonieren, mailen oder chatten, fehlen ihnen die direkte Nähe, die Schulter zum Anlehnen, das Gefühl von Verständnis ohne Worte, das einverständliche Schweigen und gemeinsame Erlebnisse. Noch problematischer wird eine Wochenbeziehung oder die unfreiwillige längere Trennung , wenn aus dem Paar eine Familie geworden ist. Dann ist ein Partner weitgehend davon ausgeschlossen, seine Kinder täglich um sich zu haben, wichtige Entwicklungen werden verpasst. Die Kinder können auf einen Elternteil nicht ständig zugehen, sie erleben wenig elterliche Gemeinsamkeit im Alltag.
Liebe auf Distanz – Paar oder zwei Singles?
Gehen zwei Menschen eine dauerhafte Partnerschaft oder Ehe ein, dann tun sie es, weil sie das Leben miteinander teilen wollen. Fernbeziehungen bauen hier große Hürden auf. Emotional werden Menschen davon unterschiedlich betroffen. Einigen gelingt es leichter, ihren Alltag allein zu gestalten, andere leiden unter dem erzwungenen Singledasein im Alltag. Leichter ist es gewöhnlich für denjenigen, der beruflich am stärksten gefordert ist und für den der Beruf Lebenserfüllung bedeutet. Ist einer der Partner arbeitslos, arbeitsunfähig oder nur in Teilzeit tätig, empfindet er gewöhnlich stärkere Verlustgefühle. Dass beide Partner auch in der Beziehung eigentlich wie Singles auf Dauer leben, kann psychologisch stark belasten. Einer der Partner fühlt sich immer verlassen oder allein. Frauen haben oft größere Schwierigkeiten, mit den psychischen Belastungen der Liebe auf Distanz zurechtzukommen. Ein Elternteil wird faktisch zum Alleinerziehenden über längere Zeit. Das verdoppelt die Verantwortung im Alltag. Trotz Telefon und Internet müssen viele Entscheidungen allein getroffen werden. Um die Situation zu meistern, müssen sich Paare die Beziehung auf Distanz annehmen, sie gemeinsam mit Leben erfüllen, einander Freiraum lassen und einander vertrauen. Wichtig ist, dass sich keiner in der Beziehung für den größten Teil der Zeit als Single fühlt, sondern sich beide auch über Entfernungen als Paar verstehen. Sie müssen lernen, dass beim Wiedersehen immer verschiedene Erfahrungen und Lebenswelten aufeinandertreffen, die teils vereint, teils respektiert werden müssen.
Wie eine Fernbeziehung entlastet und gestaltet werden kann
So wie bei ständig zusammen lebenden Paaren, Tage und Vorhaben gemeinsam geplant werden, sollte auch die Fernbeziehung gemeinsam geplant werden. Bevor sich Menschen dafür entscheiden, sollten sie sich über das Wie unterhalten. Die Liebe zueinander, die beiderseitige emotionale Bindung muss stark genug für die Distanz sein. Es können einige Regeln genannt werden, die die Beziehung auf Distanz erleichtern.
Was der Liebe in der Fernbeziehung schädlich ist:
- grundlose, übertriebene Eifersucht
- Versuche, den anderen über die Entfernung ständig zu kontrollieren (ständige Kontrollanrufe, Erkundigungen bei Kollegen, Freunden)
- dauerndes Jammern über die eigene Einsamkeit
- Schuldzuweisungen (weil du diesen Job hast …, weil du nicht da warst …, weil ich alles allein machen muss …)
- den anderen nicht in Entscheidungen, wichtige Probleme, eigene Gefühle einzubeziehen, einfach ständig einsame Entscheidungen treffen
Wie sich die Beziehung trotz wiederkehrender Trennungen meistern lässt:
- regelmäßiger Austausch , nicht nur zu Entscheidungen und Problemen, sondern auch über die eigenen Gefühle und Gedanken
- Rituale der Gemeinsam entwickeln (Telefonate zu bestimmten Zeiten, den Kindern telefonisch Gute Nacht sagen, etwas vorsingen, einander Bilder schicken …)
- das Wiedersehen gestalten , für das Wochenende oder die freien Tage Gemeinsames planen
- Spontaneität zulassen (auch mal akzeptieren, wenn der andere lange schlafen, statt Ausflüge machen will, das Wiedersehen nicht mit Unerledigtem überhäufen)
- auch einen Streit zulassen , nicht nur „Schönwetter“ vorgaukeln
- die Zeit des Alleinsein mit eigenen Unternehmungen , Hobbys, Aktivitäten mit den Kindern, Treffen mit Freunden füllen
- wo es möglich ist, das Ende der Fernbeziehung ins Auge fassen (wenn dieses Projekt erledigt ist, arbeite nicht mehr an anderen Orten, im Oktober ziehen wir an meinem Arbeitsort zusammen, ich sehe mich nach einer Arbeit in Deiner Nähe um …)
Die Pro´s einer Fernbeziehung
Fernbeziehungen können auch Vorteile bringen: Manche Paare genießen sogar den reichlichen, persönlichen Freiraum und die Vorfreude auf das Wiedersehen.
Die erotische Anziehungskraft des Partners schleift sich weniger schnell im Alltag ab. Die Zeiten ohne den Partner können mehr Möglichkeiten geben, sich selbst zu finden.
Realisierbar sind Vorteile aber nur, wenn es eine beständige Liebe zwischen beiden gibt, gegenseitige Anteilnahme und das Gefühl, auch über die Distanz ein Team zu sein.
Die modernen Kommunikationsmöglichkeiten – Vorteile und Gefahren bei der Fernbeziehung
Gerade bei Beziehungen auf Distanz ist es ein großer Vorteil, dass es die modernen Kommunikationswege gibt, die Menschen jederzeit erreichbar machen. War das Telefonieren früher für Fernbeziehungen auch eine Kostenfalle, ist es dank Flatrates jederzeit möglich. Das Smartphone erlaubt, schnell und direkt Bilder und Gedanken zu teilen, den anderen an Erlebnissen teilhaben zu lassen. Videoanrufe schaffen sichtbare Nähe und die schnelle E-Mail ersetzt den umständlichen Brief. Das erleichtert eine Fernbeziehung. Allerdings können Anrufe, Internet und Smartphone auch zur Gefahr für die Beziehung. Für die Anrufe gibt es kein Zuviel oder Zuwenig, sondern es kommt auf den Inhalt und die Zeit an. Ständige Anrufe, wenn der andere arbeitet, nerven. Anrufe, die unterschwellig kontrollieren, unterminieren das gegenseitige Vertrauen.
Ständiges Nachfragen, Bohren und die Erwartung von lückenlosen Berichten sind ebenfalls schädlich und lästig. Natürlich ist auch immer mal ein spontaner Anruf wichtig, es sollte jedoch zumindest ungefähr umrissene Zeiten für die Telefonate geben. Wer den ganzen Tag am Schreibtisch am Monitor und im Internet arbeitet, möchte vielleicht lieber telefonieren als noch ellenlange E-Mails lesen. Wer gerade zu einem Kunden unterwegs ist, möchte bestimmt nicht per Smartphone gefragt werden, ob sie/er besagtes Kleidungsstück (Foto) kaufen soll. Es sollte viel miteinander ge- und besprochen werden. Doch Paare in einer Fernbeziehung müssen noch mehr als andere Paare fähig sein, selbstbewusst für sich einzeln einfache Entscheidungen zu treffen und dieses oder jenes Problem zu lösen. Dann sollte aber dem Partner auch die Mitteilung über die Entscheidung, die Problemlösung nicht vorenthalten werden, sofern sie nicht gänzlich nebensächlich ist.
Eine Fernbeziehung ist Arbeit
Die moderne Arbeitswelt führt zu einer Zunahme von Fernbeziehungen. Aber eineFernbeziehung kann akzeptiert und gut gestaltet werden. Wichtig ist, dass beide das Gefühl von Partnerschaft, Teamwork, eine gute Kommunikation aufrechterhalten. Rituale, Verabredungen zum Anrufen oder zum Videoanruf helfen bei der Ordnung des Alltags. Und das allerwichtigste: Offenheit! Probleme, Sorgen und Ängste müssen besprochen werden und gehören in keine Schublade.