Daoismus - die Lehre des Weges
Daoismus ist neben Konfuzianismus und Buddhismus eine der Drei Lehren chinesischen Ursprungs. Vier Jahrhunderte vor Christus entstand das Buch vom Sinn und Leben „Tao Te King“.
Anders als in Europa oder Amerika konnte sich in China die gleiche Hochkultur über viele Jahrtausende erhalten. Deswegen ist die alte Religion Chinas, der Daoismus – neben schamanischen Traditionen – das wohl älteste, kontinuierlich gelehrte spirituelle Bekenntnis der Welt. So wie uns das alte Griechenland einen „Homer“ als Dichter der Meisterwerke Ilias und Odyssee vorstellte, erzählt uns das alte China von einem Weisen namens Lao Tse, der vor Tausenden von Jahren mit seinem Tao-Te-King den Urgrund für diese Lehre lieferte. Mit seinen kurzen formelhaften Sätzen, die tiefe Einfachheit und Weisheit vermitteln, lädt dieses Werk noch heute dazu ein, die uralte Weisheit selbst zu studieren. Dabei hat sich der Daoismus stets weiter entwickelt. Komplexe Traditionen und Rituale, wie sie noch heute in daoistischen Klöstern praktiziert werden, sind dabei auch vom Buddhismus und von den Lehren des chinesischen Staatsgründers Konfuzius beeinflusst.
Was ist das Dao?
Das Wort selbst ist nur geistiges Hilfsmittel, denn das Dao kann nicht benannt oder mit dem Verstand ergriffen werden. Für das Dao ist „alles eins und nichts bleibt ungetan“. Aus ihm entstanden alle Dinge und alles fließt wieder zu ihm zurück. Vor allem bleibt im Dao alles immer einfach und klar. Lebt ein Mensch im Dao, gibt es für ihn nichts, um das er sich bemühen oder das er erringen muss. Der Mensch im Dao handelt, bleibt dabei aber so gelassen und offen für die Eingebungen des Dao, dass er Nichteingeweihten oft als naiv, ja sogar als untätig erscheint. Dennoch glückt und gelingt ihm alles, sofern er im Dao verweilt. Alles geschieht aus einer tiefen Logik heraus wie von selbst. Dabei entstehen aus dem Dao die beiden dynamischen Pole aus denen sich unsere sichtbare Welt bildet:
- das Yin (dunkel, passiv, voll innerer Stärke)
- das Yang (handelnd, männlich, dynamisch).
- Aus beiden zusammen entstehen die „10.000 Dinge“ der Welt
Wege und Ziele daoistischer geistiger Praxis
Praktisches Ziel ist es Yin und Yang im Geist zu vereinen und sich des eigenen Wesenskerns – dem Dao – ständig bewusst zu werden. In der Kampfkunst Tai Chi etwa wird geübt, die natürliche Erdenergie (Yin) durch gesunde Erdung wieder aufzunehmen und gleichzeitig den Kopf für die Himmelsenergie (Yang) frei zu bekommen. Fließen beide Energien ohne Blockierung, ohne dass man versucht mit Eigenwillen einzugreifen, wird in der Mitte das eigene Herz befreit. Der Übende erhält im Herzen wieder Zugang zu den in Wirklichkeit nicht-polarisierten, „reinen“ Energien des Himmels und der Erde. Nun mischen sich im eigenen Körper beide Energien, es entsteht der Zugang zum eigentlichen Mysterium, dem Dao.
Jede Bewegung gelingt mit Leichtigkeit. Daoisten erleben im Handeln, dass man nichts weiter benötigt, weil man schon alles hat. Im Tai Chi wird dies so lange geübt, bis man die Einheit im Dao auch in stressigen, sogar potentiell tödlichen Kampfsituationen aufrecht erhalten kann. Ähnliche Techniken gibt es zum Beispiel auch für eine erleuchtete Sexualität. Hier wird die körperliche und geistige Urenergie „Sexualität“ genutzt um den Körper zu aktivieren und zu heilen. Letztendlich geht es darum, den Geist so zu befreien, dass er auch nach dem physischen Tod "unsterblich" wird. Dazu gehört eine hohe ethische Anbindung an das Wesen einer tiefen Einfachheit, die mit Dao gemeint ist, und wie sie vor allem im Einssein mit der Natur praktiziert werden muss.
Daoismus heute – wo wird er aktiv angewandt?
Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts retteten chinesische Meister wichtiges spirituelles Wissen nach Taiwan, Singapur und Hong Kong. Nach seiner blutigen Verfolgung in China erlebt der Daoismus heute wieder eine Blütezeit in seiner alten Heimat. Es gibt sogar einen regelrechten Boom in der chinesischen Gesellschaft: Jahr für Jahr besuchen Millionen Chinesen in Rahmen einer Pilgerreise die Wu Dang Berge mit ihren taoistischen Klöstern – die zum Teil schwindelerregend hoch in den Berg geschlagen sind. Vor allem aufgrund ihrer heilsamen Wirkungen werden Chi Gong und Tai Chi Seminare immer bekannter. Auch der Erfolg vieler Kampfsportfilme aus Hong Kong haben den Daoismus wieder "aktuell" gemacht. Bruce Lee war übrigens einer der ersten Lehrer, der daoistische Geheimtechniken „weißen“ Schülern beibrachte. Und dann gibt es auch noch die Arbeit des Dao-Großmeisters Mantak Chia, der in seinen Seminaren viel komplexes Wissen praktisch vermittelt. Wer diese uralte spirituelle Praxis in ihrer ganzen Tiefe erfahren möchte, sollte vor einer Stippvisite nach Asien aber nicht zurückschrecken.
Philosophie oder Religion oder beides?
Heutzutage: beides. Ob es dabei in Sinne des geistigen Urahnen Lao Tse gewesen ist, eine so komplexe Religion zu stiften, ist eine andere Frage. Jedenfalls ist der Urtext „Tao-Te-King“ von einer radikalen Einfachheit durchzogen, die den Leser in die direkte Erfahrung mit dem Dao hinein ziehen kann. Wer die Essenz, die Einfachheit des Dao schmecken möchte, nimmt sich am besten ein Kapitel zur Hand und geht – ohne Handy und weitere Ablenkung – allein in die Stille der Natur.
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